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Netzwerke

Aus INOVe

  
Dieser Artikel ist Teil der Reihe Worum es geht: Hier wird der Ansatz hergeleitet, die Initiativen der Nachhaltigkeitsbewegung vor Ort zu vernetzen.
Wer sich verbündet, ist gemeinsam stärker

Netzwerke oder Vernetzungsstrukturen dienen dem Ziel, den Austausch und die Zusammenarbeit zwischen Initiativen der Nachhaltigkeitsbewegung zu fördern. Es werden Räume geschaffen und gepflegt, in denen die Akteur*innen:

  • Sich begegnen,
  • Ihre öffentliche Sichtbarkeit steigern,
  • Sich gegenseitig unterstützen,
  • Ihre Kräfte bündeln,
  • Gemeinsame Visionen und Strategien entwickeln und
  • Neue Allianzen schmieden.

Beim INOVe-Ansatz liegt der Fokus hierbei auf der Stadt- oder Regionalebene. Der Impuls kommt dabei meistens von einer Initiativgruppe.

Je nachdem, welche dieser Ziele im Vordergrund stehen, lassen sich zwei Netzwerk-Typen unterscheiden: Kommunikationsnetzwerke und Koproduktionsnetzwerke.[1] Durch bedarfsgerechte Strukturen und effektive Prozesse kann durch beide Netzwerk-Typen ein größtmöglicher Mehrwert für alle Beteiligten (Synergieeffekte) bei überschaubarem Mehraufwand ermöglicht werden.

Sinn und Zweck

Veränderung: Soll- vs. Ist-Stand

Sinn und Zweck eines jeden Netzwerkes ist es, etwas zu verändern - möglichst zum Besseren. Grundvoraussetzung hierfür die Analyse des Ist-Standes und die Formulierung eines Soll-Standes. Anders ausgedrückt: |Am Anfang eines jeden Vernetzungsvorhabens ist es essentiell, den Bedarf der Initiativen zu erfassen und anschließend gemeinsame Ziele zu formulieren.

Der Bedarf nach Vernetzung leitet sich direkt aus den Schwächen der Nachhaltigkeitsbewegung ab. Ergänzend zu diesen allgemeinen Beobachtungen ist es notwendig, den spezifischen Bedarf vor Ort zu erfassen, da sich dieser je nach Kontext und Zusammensetzung der Initiativen unterscheidet. Nur so könnt ihr es schaffen, dass eure Vernetzungsformate bedarfsgerecht sind und von den Initiativen angenommen werden.

Ebenso entscheidend ist es, gemeinsame Ziele zu formulieren. Ansonsten besteht die Gefahr, dass die Vernetzung zum Selbstzweck wird (oder so wahrgenommen wird) und die Veränderung ausbleibt. Während die Bedarfserfassung von der Initiativgruppe durchgeführt werden kann (unter enger Beteiligung bzw. Befragung der Initiativen), sollten die Ziele von allen gemeinsam formuliert werden. Dadurch sind nicht nur die Ergebnisse besser, sondern die Akzeptanz der Initiativen ist dauerhaft höher, als wenn nur die Initiativgruppe sich die Ziele ausdenkt.

Allgemeine Potentiale

Abgeleitet aus den Schwächen der Nachhaltigkeitsbewegung

Um der Fragmentierung entgegenzuwirken, wird die Kommunikation und Koordination der Initiativen untereinander gestärkt. Ziel ist nicht die Vereinheitlichung, sondern die Bündelung des Engagements. Somit gibt es nach wie vor eine Vielzahl an Gruppen; jedoch stimmen sich diese untereinander besser ab, teilen Ressourcen aller Art miteinander (von Material bis zu Wissen und Kontakten) und starten gemeinsame Projekte.

So kommt der Wert der Diversität wirklich zu tragen, indem die Initiativen sich mit ihrer Perspektivenvielfalt bereichern. Anstatt den Blick nur auf das eigene Feld zu werfen (Silo-Denken), werden Verbindungen zwischen den Themen erkannt und entsprechende gemeinsame Ziele und Forderungen entworfen. Dieser Prozess führt dazu, dass die Initiativen mit der Zeit eine gemeinsame Identität teilen. Dies ist der entscheidende Schritt zur kollektiven Handlungsfähigkeit der Nachhaltigkeitsbewegung, um als Zivilgesellschaft einen sozial-ökologischen Wandel maßgeblich voranzutreiben.

Schließlich ermöglicht es die Bündelung der Initiativen, diese in ihrer Vielfalt öffentlichkeitswirksam zu präsentieren. Eine übersichtliche Darstellung (z. B. als Karte oder Kalender) hilft dabei, gemeinsam eine gesteigerte Sichtbarkeit zu erlangen. Interessierte Mitbürger*innen finden somit schnell und einfach die Angebote, die sie interessieren, um sich zu informieren und selbst aktiv zu werden.

Struktur in der Vernetzung

Langlebigkeit

Dass es in diesem Wiki betontermaßen um Vernetzungsstrukturen geht, hat gute Gründe. Vernetzung kann auch spontan entstehen und dabei über Austausch zur gegenseitigen Unterstützung und Zusammenarbeit führen. Diese Art der Vernetzung ist daher auch wertvoll, findet aber in den meisten Fällen nur temporär statt. Beim Aufbau einer Vernetzungsstruktur gilt es hingegen, von Anfang an mitzudenken, wie diese langfristig angelegt sein kann und sich bestenfalls fest vor Ort etabliert. Dazu gehört vor allem, dass die Vernetzung unabhängig von personeller Fluktuation fortbestehen soll.

Temporäre Vernetzung hängt meist von einzelnen Menschen in verschiedenen Initiativen ab. Beim Aufbau einer Vernetzungsstruktur wird das anfangs mit Blick auf die Mitglieder der Initiativgruppe nicht anders sein, aber das Ziel ist es, dass die Abhängigkeit von einzelnen Menschen Schritt für Schritt nachlässt, sodass die Struktur auch weiterbesteht, falls diese ausscheiden sollten. So kann gewährleistet werden, dass euer gemeinsames Werk langfristig Bestand hat und von vielen getragen wird. Nichts ist ärgerlicher, als wenn wunderbare Vernetzungsvorhaben nach einiger Zeit wieder einschlafen, weil Schlüsselpersonen nicht mehr weitermachen können und damit auch ihr Wissen die Gruppe verlässt.

Effektivität und Schnelligkeit: Weniger Aufwand, mehr Vernetzung

Aber wenn durch temporäre Vernetzung ähnliche Ziele erreicht werden können wie durch beständige Netzwerke (abgesehen von der Langlebigkeit), wieso dann nicht für jedes Anliegen ein neues Vernetzungsvorhaben anstoßen? Möglich ist das und auch gar nicht so unüblich – nur ist das höchst ineffektiv. Am meisten Zeit und Aufwand erfordert erfahrungsgemäß die Startphase, in der die Initiativen gebündelt werden und sich langsam Vertrauen aufbaut - die wichtigste Ressource jedes Netzwerks. Nach dem Kennenlernen folgen Aushandlungsprozesse: welche Ziele man auf welche Art und Weise erreichen will, wie man kommuniziert usw. Diese notwendige Phase, in der die Vernetzung und all ihre Effekte noch nicht zum Tragen kommen, kann anstrengend und konfliktreich sein. Erst danach können die Initiativen echten Mehrwert aus dem Netzwerk ziehen.

Demnach ist zwingend davon abzuraten, immer wieder - für jede größere Demo, neue politische Brennpunkte, gemeinsame Vorhaben usw. - einen neuen Vernetzungsprozess anzustoßen, der anfangs vor allem Zeit und Kraft raubt. Viel effektiver ist es, eine Vernetzungsstruktur langfristig anzulegen und das Netzwerk über die Startphase hinaus in die Konsolidierungsphase zu führen, in der die erwünschten Effekte auftreten. Solch ein Netzwerk ist auch viel besser und schneller in der Lage, auf neue Reize zu reagieren. Anders ausgedrückt: Wenn es ein wirkmächtiges Netzwerk oder Bündnis braucht, ist es meistens viel zu spät, um mit dem Schmieden anzufangen.

Ansätze und Herausforderungen

Häufig wird das Vorhaben, eine lokale oder regionale Vernetzungsstruktur aufzubauen, von Einzelnen oder einer Initiativgruppe vorangeschoben. Das anfängliche Konzept und die spätere Entwicklung können sich dabei genauso stark unterscheiden wie die Ansätze, die an verschiedenen Orten praktiziert werden. Ihnen ist gemeinsam, dass die Etablierung einer Vernetzungsstruktur kein triviales Unterfangen ist, sondern mit spezifischen Herausforderungen einhergeht (s. häufige Ursachen des Scheiterns).

In diesem Wiki stellen Vernetzungsinitiativen sich und ihre persönlich erlebten Herausforderungen vor, um voneinander zu lernen und sich gegenseitig zu inspirieren. Dies soll vor allem Praxisakteur*innen dabei helfen, selbst eine neue Vernetzungsstruktur ins Leben zu rufen. Von den ersten Schritten ausgehend werden dafür konkrete Handlungsempfehlungen gegeben.

Anmerkungen

  1. Dies ist nicht als trennscharfe Unterscheidung misszuverstehen, sondern als ein Spektrum oder Kontinuum zu verstehen, auf dem Netzwerke eingeordnet werden können.